Tina Unterberger im Interview mit ESKA Gloves
#Sports

Interview mit Rodelfloh Tina Unterberger

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Tina Unterberger ist Mitglied der österreichischen Nationalmannschaft Rodeln auf Naturbahn und mehrmalige Weltcupsiegerin & Staatsmeisterin. Seit 2018 hat sie mit ESKA Handschuhen die Rodel noch fester im Griff. Der sympathische Adrenalinjunkie am Eis plauderte mit uns übers Rodeln, über die besten Strecken, den Unterschied von Naturbahnrodeln zu herkömmlichen Rodelbahnen und wie sie sich bei ihre Rennen vorbereitet. Viel Spaß beim Durchschmökern!

Wie bist du zum Naturbahnrodeln und deinem Spitznamen "Rodelfloh" gekommen?

In meinem Heimatort Bad Goisern am Hallstättersee war das Naturbahnrodeln anno dazumal quasi eine Instanz (Anmerkung Gerhard Pilz 5facher Weltmeister, Reinhard Beer 2facher Weltmeister, beide Bad Goisern). 1994 waren meine Familie und ich bei der in Goisern ausgetragen Weltmeisterschaft zusehen. Der Sport war schon als Zaungast mega faszinierend für mich, nach einem Schnuppertraining bin ich dann 1996 mein erstes internationales Rennen gefahren…und quasi picken geblieben. Mittlerweile zähl ich schon zum alten Eisen.

Rodelfloh: diesen Spitznamen hab ich – überraschenderweise – meiner Körpergröße zu verdanken – mit meinen 159,5 cm und 49 kg bin ich im internationalen Starterfeld eine der kleinsten und leichtesten…die Hoffnung noch zu wachsen, hab ich schon lange aufgegeben…da geht maximal noch was in die Breite 😉

Was ist der Unterschied zwischen Naturrodelbahnen und herkömmlichen Rodelbahnen?

Den Unterschied kann man gut mit normalen Skipisten und FIS-Weltcupskipisten vergleichen. Wir Naturbahnrodler fahren auf komplett vereisten, steilen Rodelbahnen, die an den Kurvenaußenseiten mit Holzplanken (ugs. Bretterwänden) abgesichert sind. Aus diesem Grund wird auch das Material (Schienen) in stundenlanger Handarbeit messerscharf von meinem Servicemann präpariert, die Rodel dazu ist eine Spezialanfertigung und kommt von einem italienischen Fachbetrieb. Auch hier ist wieder der Vergleich zu Skialpin passend. Wir „Normalsterblichen“ würden wahrscheinlich die hightech-präparierten Ski’s der Weltcupfahrer/innen nicht bändigen können, aber vom optischen Ski-Design und der Grundfahrtechnik ist auf dem ersten Blick nicht viel Unterschied.

Bei uns auf der Naturbahn herrscht Helmpflicht, was grundsätzlich jedem/r Freizeitrodler/in zu empfehlen ist. Am Start ziehen wir uns von zwei Bügel ab und beschleunigen noch mit zusätzlichen „Pinguinschlägen“. Dabei pressen wir unsere Tatzler (=Metallstifte, welche an den Handschuhen montiert sind) 3 bis 4x fest ins Eis und generieren so noch etwas mehr Speed. Mittels Gewichtsverlagerung zur Kurveninnenseite sowie das Auslegen der kurven-innenliegenden Hand ergibt sich die typische Lenkbewegung, die sich vom herkömmlichen Volksrodeln nicht unterscheidet. Hierbei ist die Wahl der Handschuhe entscheidend, da einerseits der Schutz für die Finger enorm wichtig ist, als auch das nötige Griffgefühl am Lenkriemen gewährleistet sein muss. Um vor den Kurven das Tempo zu dosieren (ähnlich Autofahren) haben wir Spikes an unseren Schuhsohlen montiert. Diese werden ins Eis gestemmt um zu bremsen, ebenso benötigen wir diese (unglaublich schicken, silbernen) Lederschuhe um unsere Rodel (14kg) wieder an den Start zu tragen. Dabei begutachten wir ganz genau die Eisbahn und wie sie sich verändert hat (wie beim Slalom, entstehen durch die messerscharfen Schienen Spurrillen und Wannen auf der Ideallinie, die auf der Jagd nach Hundertstel entscheidend sein können).

Wie bereitest du dich bei einem Rennen vor und wie bist du bekleidet?

Nach der Bahnbesichtigung und dem Aufwärmen, gehe ich mental die Strecke noch mal durch und konzentriere mich auf die neuralgischen Punkte. (Brems- & Einlenkpunkte, Ideallinie, usw). Dann trage ich meine Rodel ins Starthaus, dort werden die Sicherheitsbestandteile kontrolliert, das Gewicht kontrolliert und die Schienen gemessen (Temperatur, Neigung,…). Wenn die Athletin vor mir gestartet ist, kontrolliere ich nochmals die Startspur, richte meine Rodel ein und nehme selbst darauf Platz. Anschließend kontrolliere ich nochmal den Sitz von Helm und Brille, überprüfe ob die Spikeplatte sauber ist und schnalle meine Handschuhe enger. Ich gehe die Bahn nochmal im Kopf im Schnelldurchlauf durch, klopfe mir selbst auf die Oberschenkel, atme durch und warte darauf, dass die Startampel auf Grün umstellt. Danach hätte ich 15 Sekunden Zeit um den Start zu absolvieren – aber da bin ich meistens schon weg!

Bekleidung:

  • Helm mit dazu passender Skibrille
  • ESKA Handschuhe mit Tatzler
  • Rennanzug, darunter lange Funktionsunterwäsche und Schienbeinschützer
  • Bremsschuhe mit Spikes („superfancy“ und auch superkalt, da retten mir die Zehenwärmer von TheHeatcompany regelmäßig das Leben)

Welche Gedanken kommen dir unterm Rodeln in den Sinn oder bist du jedes Mal völlig fokussiert?

Mir schwirrt dabei eigentlich eine ganze Menge durch den Kopf. Meist analysiere ich gleich nach einer Kurve wie die Durchfahrt war (Material, Bahn, Einfahrtspunkt, Tempo, Position,…) und wie ich die nächsten Kurven anlege. Also im Sinne meiner Sportpsychologin versuche ich schon im Hier und Jetzt zu sein und mich von Kurve zu Kurve nach unten zu arbeiten. Ich muss aber auch gleichzeitig Informationen für meinen Servicemann sammeln, damit wir dann weiter am Setup arbeiten können. Böse Zungen behaupten ja, dass ich – als ich noch klein war (also jung), oft Ausschau nach meinen Eltern oder Bekannten gehalten hätte, angeblich mitunter auch gewunken hätte beim Vorbeifahren (es gilt die Unschuldsvermutung).

Was sind für dich die besten Rodelbahnen?

Die besten Rodelbahnen sind für mich die schon etwas älteren. Die sind von der Streckenführung meist sehr schnell, steil und dazu technisch anspruchsvoll. Die Bahn in Oberperfuss (T) beispielsweise hat nicht ohne Grund den Spitznamen: Streif der Naturbahnrodler.

Gerne mag ich auch die Parallelstrecke in Kühtai. Hier wird jedes Jahr zum Weltcupauftakt eine komplett neue Eisbahn in die Skipiste präpariert. Das heißt, sie ist jedes Mal von der Streckenführung anders, man kann kaum vor dem Rennen dort trainieren und da sich die Veranstalter meist selbst übertreffen wollen, präsentiert sie sich auch immer wieder noch ein Stückchen fordernder!

Was waren deine größten Erfolge?

  • Mein erster Weltcupsieg
  • Teamwelt- und Europameisterin
  • Bronzemedaille bei Welt- und Europameisterschaft

Wie sieht dein Training im Sommer aus?

Die Rodler werden bekanntlich im Sommer gemacht, also starten wir Ende Frühling mit der konditionellen Vorbereitung für die nächste Wintersaison. Zusätzlich nutzen wir die Möglichkeit im Sommer auf der Rollenrodel einige Fahrten auf Asphalt zu absolvieren. (mit demselben Gerät, der selben Lenk- und Bremsbewegung, mit 10 Inlineskaterrollen links und rechts bestückt).

Gibt es Tipps & Tricks von deiner Seite her?

Auch wenn’s auf der Hütte verlockend sein mag: Don’t drink and drive!

Weitere Tipps:

Den ein oder anderen Trick zeig ich euch gerne persönlich!